Römisches Kastell in Iža - Kelemantia

 
 
Während der Markomannenkriege erlangte das Gebiet um die Waagmündung eine grosse strategische Bedeutung. Brigetio war wohl eine der Ausgangsbasen für die römischen Feldzüge gegen die Quaden. Damals erbauten die Römer in seinem Vorfeld am gegenüberliegenden Donauufer die erste Festung, ein Holz-Erde-Lager. Sein Ausmass ist noch nicht ganz bekannt, doch nahm es offenbar eine Fläche von mehr als 3 ha ein. Die Befestigung des Lagers bildeten zwei tiefe Spitzgräben, und offenbar Erdwälle mit einer Holzpalisade. Von der Innenbebauung erschloss man bisher Reste von 11 Kasernenbaracken, die gassenartig in regelmässigen Abständen nebeneinander angeordnet waren. Sie waren aus ungebrannten Lehmziegeln erbaut und hatten ein Satteldach mit Schilfdeckung. Diese mächtigen Bauten (sie hatten 44-48 m Länge und 11-12 m Breite) mit dicken Mauern wurden mit Zwischenwänden in zwei Trakte mit je drei Räumen gegliedert. Die einzelnen Räume waren mit Wänden aus Holzbalken mit Rutengeflecht und Lehmverstrich nochmals in kleinere Räume aufgeteilt. Den Fussboden bildete grösstenteils eine gestampfte Lehmschicht, nur in manchen Räumen gab es auch eine Pflasterung aus ungebrannten Ziegeln. Pfostenlöcher im Fussboden, Feuerstellen und Reste von Heizöfen sind das einzige Zeugnis für ihre schlichte Inneneinrichtung. Auf Eingänge in die einzelnen Räumen verweisen Lücken in den Mauern von 90-100 cm Breite. Entlang den Aussenwänden waren zur Ableitung des Regenwassers von den Dächern Rinnen ausgehoben, die dann in grössere Sammelkanäle einmündeten.

         

    

In den freigelegten Bauresten, aber auch in ihrem Umkreis erfasste man ausgeprägte Brandspuren. Auf den Fussböden der einzelnen Räume, in den Entwässerungsrinnen und auf dem Gehniveau der anliegenden Gassen befanden sich zerschlagene wie auch vollständige Keramikgefässe, Waffen, Ausrüstungsteile und eine grosse Menge von Eisennägeln lederner Militärsandalen, welche die ursprüngliche Form der Schuhsohle beibehalten hatten. Es kann daher begründet angenommen werden, dass die Ursache dieser Brandkatastrophe mit grösster Wahrscheinlichkeit ein unerwarteter germanischer Angriff war.

   

     

 

Die wichtigsten Anhaltspunkte für die Datierung dieses Lagers und den Zeitpunkt seines Untergangs sind die Fundmünzen. Grösstenteils sind es Prägungen des Kaisers Marcus Aurelius aus der Zeit der Markomannenkriege, wobei die letzten von ihnen zwischen Dezember 178 und Frühjahr 179 geprägt wurden. Die Vernichtung des Holz-Erde-Lagers in Iža kann somit verhältnismässig genau in das Jahr 179 datiert werden. Dies Datum ist in mehrfacher Hinsicht beachtenswert. Nach historischen Quellen wird der erste Einfall der Markomannen und Quaden auf römisches Gebiet in das Jahr 170 datiert. Damals wurde ein grosser Teil der nordpannonischen Limeslager vernichtet, und auch das Legionslager in Brigetio wurde erheblich beschädigt. Die römische Gegenoffensive begann 172, die Kämpfe dauerten jedoch bis 175, als der Kaiser mit den Markomannen und Quaden Frieden schloss. Die Germanen mussten aus dem Uferstreifen längs der Donau abziehen und ihn unter römischer Kontrolle belassen. Im Jahre 177 brachen jedoch an den Nordgrenzen neue Kriege aus. Ein Jahr später musste Mark Aurel mit seinem Sohn Commodus abermals Rom verlassen und einen weiteren Kriegszug unternehmen. Im Jahre 179 unternahmen dann die Römer ihre Hauptgegenoffensive. In das Gebiet der Markomannen und Quaden verlegten sie schliesslich zahlreiche Militäreinheiten mit insgesamt 40.000 Mann, die hier überwinterten.

Das Holz-Erde-Lager in Iža wurde also in der zweiten Phase der Markomannenkriege vernichtet. Die verlässliche Datierung seines Untergangs in das Jahr 179 verrät zugleich, dass die Position der Römer damals noch sehr bedenklich war, wenn die Germanen eine ihrer Festung im unmittelbaren Vorfeld von Brigetio verwüsten konnten. Ebenso ist klar, dass dieses Lager nicht schon vor dem Ausbruch der Markomannenkriege entstanden sein konnte. Nur schwer hätte er den ersten Angriff überstehen können, bei dem das Legionslager von Brigetio selbst beschädigt wurde. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass es erst nach dem Friedensschluss im Jahre 175 erbaut wurde. Es wurde nicht als vorübergehende Ausgangsbasis für Kriegszüge in das Quadenland errichtet, sondern als ein ständiges Grenzkastell. Seine Besatzung sollte offenbar die Einhaltung der Friedensbedingungen überwachen, namentlich die Bewegung der Quaden im breiteren Vorfeld Brigetios zu kontrollieren und den anliegenden Limesabschnitt vor ihrem feindlichen Einfall zu schützen. Aufgrund von Funden bestimmter Waffen, z.B. der langen Reiterschwerter, doch besonders der zahlreichen Pfeilspitzen und knöcherner Bogenversteifungen kann man erschliessen, dass den wesentlichen Teil der Besatzung Reiterabteilungen mit Bogenschützen bildeten. In den erhaltenen Schriftquellen und auch in den entdeckten Inschriften wird dieses Lager und seine Besatzung nicht erwähnt. Daher kann schwer bestimmt werden, welche Einheit dies war. Ihre Aufgabe hat sie jedoch offenbar nicht erfüllt, da sie ausserstande war, ihr Lager gegen den feindlichen Angriff erfolgreich zu verteidigen.

    © ElenaBlazova